1982

Erstes Festival „Rock für den Frieden“ im Berliner Palast der Republik +++ Erster Spatenstich am DDR-Teilstück der Erdgastrasse von Sibirien zur UdSSR-Westgrenze +++ Freigabe der von der Bundesrepublik finanzierten Autobahn Berlin–Hamburg +++ Helmut Kohl wird Bundeskanzler.

Gründung von Antiqua (Potsdam), Brummkreisel (Tanzgruppe, Mittweida), Folkländers Bierfiedler (Leipzig), Hofgesindt (Weimar), Löwenzahn (Magdeburg), Tanztölpel (Tanzgruppe, Plauen), Täubchens Hausmusik (Greifswald), Tippelklimper (Potsdam), Duo Karsten Troyke und Jenny Kühn (Berlin), Uns Hüsung (Neubrandenburg), Wechselhupf (Tanzgruppe, Erfurt).

Schallplatten: Folkländer kann als erste DDR-Folkband eine eigene LP einspielen: „Wenn man fragt, wer hat’s getan …“, AMIGA 8 45 219. Im selben Jahr erscheint eine LP von Liedehrlich: „Liedehrlich“, AMIGA 8 45 258.

Ab Dezember 1982 finden auch in Erfurt monatliche Volkstanzabende statt. Saitensprungs Tanzband spielt, und die Tanzgruppe Wechselhupf macht den Tanzwilligen vor, wie es geht. Wegen großer Nachfrage zieht man im Mai 1983 in den Zentralen Klub der Jugend und Sportler um, wo 280 Personen tanzen können (statt vorher 180).


Januar 1982

Leipzig. 3. DDR-Folkwerkstatt, mittlerweile veranstaltet vom Zentralhaus für Kulturarbeit. 23 Gruppen nehmen teil. Neues von Notentritt (Lieder der 1848er Revolution), Horch (elektrisch verstärkte Renaissance- und Barockmusik), Arbeiterfolk (Arbeitervolkslieder), Sprjewjan (Sorbisches) und Landleute (mecklenburgisches Brauchtum). Zentrale Aktion ist die Einstudierung des Singspiels „Die Boten des Todes“ (Folkoper) von Jürgen Wolff, Dieter Beckert, Erik Kross nach dem gleichnamigen Grimm’schen Märchen mit über 60 Mitwirkenden. Regie Dieter Beckert, Koregie Hans-Eckardt Wenzel. Thema ist der Frust vieler Folkmusiker über Gängelung, Kommerzialisierung und Überwachung der Szene. Die Generalprobe muss unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Anstelle der geplanten Aufführung findet ein Volkstanzabend statt, bei dem u. a. die Musik der verbotenen Folkoper gespielt wird.


Februar 1982

Folkländer spielt beim Festival des politischen Liedes, erstmals auch Arbeiterfolk (erneut 1983, 1984 und 1985). Aus der BRD gastiert u. a. Liederjan.


April 1982

Leipzig. Erste Werkstatt für Mitmach-Tanzgruppen und Tanzpädagogen, veranstaltet vom Zentralhaus für Kulturarbeit. Knapp 100 Praktiker aus der ganzen DDR beraten tagsüber methodische Fragen „dieser neuen Freizeitform“ und beteiligen sich an zwei öffentlichen Tanzabenden im „Goldenen Löwen“.

Rostock. Auf Einladung der Band Nach der Arbeit spielen bei den 1. Rostocker Folkloretagen im Jugendklub Greif u. a. Heureka, Horch, Sanddorn, Uns Hüsung und Wacholder. Das Wochenende mit Konzerten und Debatten klingt aus mit Volkstanz zur Musik einer spontan gebildeten Folk-Bigband. Die „Ostsee-Zeitung“ schreibt: „Warum soll im Norden nicht möglich sein, was im Süden der Republik schon seit längerer Zeit mit Erfolg praktiziert wird?“

Hoyerswerda: 3. Folkfest u. a. mit Arbeiterfolk, Landluper, Wacholder, Hans-Eckardt Wenzel, Jens-Paul Wollenberg und Münzenberger Gevattern-Kombo.


Mai 1982

Berlin. Gründung der seit 1977 versprochenen Zentralen Arbeitsgemeinschaft (ZAG) Musikfolklore. Kulturminister Hans-Joachim Hoffmann beruft die 23 Mitglieder des beratenden Gremiums beim Zentralhaus für Kulturarbeit: Vertreter von Folkbands, Wissenschaftler, Rundfunkredakteure, Kulturfunktionäre. Auf den Zusammenkünften zweimal im Jahr sollen die DDR-„Musikfolklore“-Werkstätten vorbereitet werden. Außerdem geht es um das Sammeln von Volksliedern und -tänzen sowie die Beschäftigung mit traditionellen Volksinstrumenten. Prinzipielle und persönliche Differenzen – so zwischen „Traditionsbewahrern“ und Verfechtern eines freizügigen Umgangs mit der Überlieferung – behindern später die Arbeit der ZAG.

Wismar: 1. Folkfest an der Ingenieurschule für Bauwesen, organisiert maßgeblich durch Tüdderkram. Bis 1987 finden diese Folklorefeste mit DDR-weiter Beteiligung statt.

Hoyerswerda: In kleinerer Besetzung wird in Feuersteins Musik-Podium die Folkoper „Die Boten des Todes“ aufgeführt. Die Darsteller kommen aus dem Umfeld der Brigade Feuerstein. Die Aktion angeregt hat Reinhard „Pfeffi“ Ständer.


Juni 1982

Berlin. 5. (und letztes) Folkfest im Haus der jungen Talente. Zwei Dutzend Bands spielen für rund 3000 Besucher, deutlich weniger als im Vorjahr. Erstmals dabei: Jalda Rebling mit jiddischen Liedern, Horch mit Folk-Rock, Heureka mit avantgardistischem Kammerfolk. Vor dem Hintergrund der atomaren Aufrüstung in West und Ost steht ein Konzert unter dem Motto „Lieder der Völker gegen den Krieg“. Anstelle des Folk-Frühschoppens am Sonntag Ausflug mit Pferdefuhrwerken an den Stadtrand mit anschließendem Spiel in einem Kinderheim bzw. einem Altersheim. Am Sonnabendnachmittag und Sonntagabend Volkstanz mit JAMS Tanzhaus. Der Ost-Berliner Magistrat und die FDJ als Veranstalter ziehen nach dem Festival ihre Unterstützung zurück.

Meißen. Zu den Anziehungspunkten beim 2. Kinderjahrmarkt auf den Elbwiesen, organisiert von Studenten der dortigen Klubleiter-Fachschule, gehört der „Liederzirkus Rudirallala“ aus Dresden.


Juli 1982

Magdeburg. Beim III. DDR-Puppentheaterfestival erhält die Geraer Puppenbühne Oestreich-Ohnesorge für Martin Morgners Inszenierung „Die Prinzessin mit dem Echo“ einen der drei Hauptpreise, mit entscheidend sind Kompositionen und Live-Bühnenmusik von Liedehrlich. Gastspiele in der ČSSR und in Bulgarien folgen.

Bezirk Neubrandenburg. Arbeiterfestspiele mit mecklenburgischem Volksfest.


August 1982

Dresden. Nach zwei Voraufführungen in Ost-Berlin hat im Parktheater die „Hammer-Rehwü“ Premiere, mit Karls Enkeln, Beckert & Schulz und Wacholder. Das Revueprogramm im Stile Erwin Piscators versucht mit anarchistischem Witz und absurder Komik die Widersprüche der Zeit auf den Punkt zu bringen. Die meisten Texte stammen von Wenzel und Mensching. Wacholder-Musiker steuern Kompositionen bei. Begeisterte Presse in Berlin, doch in Cottbus gibt es im April 1983 anstelle der geplanten Vorstellung ein Auftrittsverbot und den Entzug der Spielerlaubnis für Wacholder. Werte des Sozialismus „seien verächtlich gemacht“ worden, heißt es bei der Vorladung in Gegenwart des Bezirksstaatsanwalts. Wacholder wendet sich sofort an den FDJ-Zentralrat und das Komitee für Unterhaltungskunst in der DDR-Hauptstadt und erreicht nach zwei Tagen die Rücknahme der Maßnahme. Die Tour läuft bis Juni 1983.

Plauen. Schließung des Clubs Malzhaus wegen angeblich „geplanter Baumaßnahmen“ an dem historischen Gebäude. Zuvor mehrwöchiges Abschiednehmen etlicher Bands (Landluper, Wacholder, Folkländer, Saitensprung, Notentritt und Münzenberger Gevattern-Kombo). Folkländer, Notentritt und Wacholder verfassen Malzhaus-Lieder, mit denen sie gegen das Aus für den legendären Veranstaltungsort der DDR-Folkszene protestieren.


September 1982

Halle. Folkfest im Volkspark mit Horch, Notentritt sowie Tanzgruppe G’hupft wie Gesprungen aus der Gastgeberstadt sowie Arbeiterfolk und Landluper. Abends Konzert und Volkstanz in der „Schorre“ (offiziell Jugendklubhaus „Philipp Müller“).

Oktober: Neubrandenburg. Erstmals findet das viertägige Mecklenburger „Folklore-Austbier“ als Werkstatt für Sänger, Musikanten und Liedermacher der drei Nordbezirke statt (künftig jeden Herbst). Eingeladen haben das mecklenburgische Folklorezentrum in Rostock sowie das Neubrandenburger Bezirks- sowie das Stadt-Kabinett für Kulturarbeit.


Oktober 1982

Strasburg (Bezirk Neubrandenburg). 2. Wochenendlehrgang zur Ausbildung von Tanzmeistern („Animatoren“) bei Folkstanz-Veranstaltungen. Die Teilnehmer werden von den Bezirkskabinetten für Kulturarbeit delegiert. Vermittelt werden acht verschiedene Tänze. Live-Musik steuern Folkländer, Landleute, Nach der Arbeit und Sanddorn bei.