Hochschulstudium

auch: Studium

Die DDR-Folkszene setzte sich vor allem aus Studenten und Absolventen von Hoch- oder Fachschulen zusammen. Wacholder wurde an der Ingenieurhochschule für Bauwesen in Cottbus gegründet, Asthma an der Sektion Medizin der Humboldt-Universität zu Berlin. Die Mitglieder von Arbeiterfolk studierten an der Pädagogischen Hochschule (PH) in Zwickau, jene von Antiqua an der Potsdamer PH, die Zugvögel an der Agraringenieurschule Freiberg. Folkländer hatte als gesellschaftlichen Träger anfangs die Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst, an der drei Bandmitglieder studierten. Auch angehende Mathematiker, Anglisten oder Zahnärzte begeisterten sich für Folk – und mussten am Ende des Studiums entscheiden, ob sie ihr Hobby zum Beruf machen konnten und wollten. Wenn nicht, dann löste sich die Band normalerweise auf.

In den siebziger Jahren gab es in der DDR reichlich 100 000 Studenten. Straff organisierte Studienpläne mit vielen Pflichtveranstaltungen, einschließlich des für alle verbindlichen marxistisch-leninistischen Grundlagenstudiums, sorgten für eine Verschulung der akademischen Ausbildung. Das Studium endete nach vier Jahren, in Fachrichtungen wie Medizin oder bildender Kunst nach fünf Jahren mit der Diplomprüfung. An einer Fachschule studierte man drei Jahre. Die Anzahl der Immatrikulationen richtete sich nach dem voraussichtlichen gesellschaftlichen Bedarf an Absolventen. Daher kannten Studenten in der DDR weder überfüllte Hörsäle noch langes Warten auf notwendige Seminarscheine. Andererseits hatten sie keine freie Wahl des Haupt- und Nebenfachs. Bei erfolgreichem Abschluss war ein Arbeitsplatz garantiert, nicht unbedingt der Traumjob am Wunsch-Einsatzort.

In der Regel lernten 15 bis 25 Studenten gemeinsam in einer Seminargruppe, der ein wissenschaftlicher Mitarbeiter als Betreuer zugeordnet war. Auch einen Teil der Freizeit verbrachte man gemeinsam, z. B. die drei Pädagogikstudenten, die 1982 Antiqua gründeten:

„Wir waren seit 1981 alle in derselben Seminargruppe. Machten Partymusik im Studentenwohnheim, bei Seminargruppen-Feten, beim Studentenfasching. Die Potsdamer Hochschule hatte zu dieser Zeit viele aktive Musiker, die meisten in den hochschuleigenen Singeklubs Spartakus und Rotdorn, aber auch Norbert Leisegang (Keimzeit) hat dort studiert. Wir galten als Exoten, denn mit Folk wussten viele nix anzufangen.“

Zwei Drittel der Studenten wohnten im Studentenwohnheim. Die Zimmer waren meist mit zwei oder drei Personen belegt. Wer damit nicht klarkam, suchte sich ein Zimmer zur Untermiete (oder besetzte eine leerstehende Wohnung in einem Abrisshaus). Neben dem Studium zu jobben, war zeitlich kaum möglich, aber auch nicht nötig, denn es wurden keine Studiengebühren erhoben. Fast 90 Prozent der Studenten erhielten in den siebziger Jahren ein monatliches Grundstipendium von 190 Mark, einschließlich beitragsfreier Krankenversicherung. Ab 1988 gab es 200 Mark, und alle Studenten hatten Anspruch darauf, unabhängig vom Einkommen der Eltern. Bei sehr guten Prüfungsergebnissen gab es vom dritten Semester an zwischen 50 und 150 Mark Leistungsstipendium.

Ein Wohnheimplatz kostete monatlich 10 Mark, ein warmes Mittagessen in der Mensa 80 Pfennig. Die Bahnfahrt (Deutsche Reichsbahn) zwischen Wohn- und Studienort war um 75 Prozent ermäßigt. Studentinnen mit Kind bekamen Kindergeld. Damit auch junge Mütter die Regelstudienzeit einhalten konnten, wurden Sonderstudienpläne vereinbart. Größere Hochschulen verfügten über eigene Kinderkrippen. Kommilitonen halfen mit Vorlesungsmitschriften.